Muekke

Interstellarer Raum
Romanfragment, Erstes Kapitel

Interstellarer Raum, unfassbare Leere. Nur wenige Gasmoleküle treiben durch das Vakuum. Ein Raumschiff bewegt sich durch das Nichts. Kaum ein Lichtstrahl erhellt seine Konturen; die nächsten Sterne nur kalte, weiße Punkte in der Dunkelheit. Nach außen hin ist kein Lebenszeichen zu entdecken, der mächtige Antrieb außer Betrieb. Es kommt näher. Sein Aufbau wird erkennbar. Es ist schlank, alle Teile drängen sich um die zentrale Tragstruktur wie Organe um ein Rückgrat. Das vordere Ende bildet ein mehrschichtiger Schild. Dahinter sitzen alle Systeme des Schiffes. Ein Reaktor versorgt sie mit Fusionsenergie. Seine Abwärme strahlt er über Radiatoren ins All ab. Eine künstliche Intelligenz steuert alle Systeme an Bord. Sie sammelt und interpretiert die Daten unzähliger Sensoren die jeden Winkel des Raumschiffes überwachen. Weitere Sensoren erfassen die Umgebung, vermessen das Nichts. Als nächstes kommen die Treibstofflager, gut gefüllt mit Fusionskernen. Das Heck bildet eine nach hinten gewölbte Schubglocke Direkt davor wartet der Antriebsreaktor darauf thermonukleare Energie zu entfesseln. Das Schiff ist nicht das einzige seiner Art. Auf dem gleichen Kurs gleiten noch weitere baugleiche Raketen im weiten Abstand zueinander durch die Einsamkeit. Aufgereiht wie Perlen auf einer Kette bewegen sie sich auf ihr fernes Ziel zu. Ihre Steuercomputer halten regen Kontakt untereinander. Sie warten auf ein Signal von ihrer Heimatwelt.

Sie warten auf ihre Fracht.

„Hey Tycho wo starrst du hin? Schlaf nicht ein! “ Bärs Stimme zwängte sich nur mühsam in Tychos Bewusstsein; sein Verstand war zu weit weg, draußen im All. Doch ein Klaps an den Helm beendete jäh seinen Tagtraum.

„Hey, Lass uns umziehen gehen, du Träumer! Die anderen sind schon in der Luftschleuse.“ Tycho wendete sich von dem Raumschiffbauteil ab, dass sie eben montiert hatten und trottete hinter Bär her zur Luftschleuse. Der Rest der Arbeitsgruppe wartete bereits auf sie. Das Teil, das sie aus kleineren Elementen zusammengesetzt hatten, verschwand hinter dem Tor zur nächsten Kammer, in der es mit Laser- und Elektronenstrahlen zusammengeschweißt werden würde. Sie warteten bis der Druckausgleich durchgeführt war dann gingen sie in die Umkleidekabine. Routiniert öffneten sie die Verschlüsse ihrer Arbeitsraummanzüge, gaben die Unterkleidung zur Wäsche und schritten durch die Schleuse zur Dusche. Das heiße Wasser war eine Wohltat für den Körper nach der Schicht in den robusten Dockanzügen. Die waren zwar leichter als die Anzüge für den Aufenthalt im Freien aber stundenlang in einer engen Hülle eingezwängt zu arbeiten ermüdete den Körper sehr. Sickhla stellte sich vor Tycho und strich mit ihren Händen über die Rippen seiner Bauchmuskulatur.

„Hey Tycho! Du machst ein Gesicht als hättest du einen Stein verschluckt. Stimmt was nicht? “ Er schaute missmutig zu ihr herunter. Sinnvolles fiel ihm nicht ein und so grummelte er nur unverständlich. Sie streichelte mit ihren Händen tiefer. Es fühlte sich gut an. „Schlechte Laune? Bekommt dir die Nacht nicht? Lass uns schnell was dagegen tun.“ Die anderen grinsten. Doch dafür hatte er auch keine Lust. Tycho verabschiedete sich knapp und ging, sollten sich die anderen ohne ihn vergnügen. Er verließ die Dusche über die Schleuse, trocknete sich ab und zog sich rasch an. Dann nahm er den Weg zur Bahnstation Er stieg in den Zug nach Tranquillis.

Die Bahn glitt laut- und erschütterungslos aus der Station und beschleunigte, von Magnetfeldern getragen, auf den supraleitenden Schienen hinaus in das Vakuum der Mondoberfläche. Um die Umgebung besser erkennen zu können tippte Tycho an die Scheibe und symbolisierte ihr die Helligkeit zu erhöhen. Es würde noch ein paar Tage bis zum Sonnenaufgang dauern und bis dahin erhellte nur das Erdlicht die Finsternis. Immerhin war “Vollerde“, das reichte um die gröberen Details zu erkennen.

Der Begriff kam ihm auch nach Jahren hier oben nur schwer über die Lippen; er klang dämlich.


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