Da stellt man sich brav und fromm die leitkulturelle Nordmanntanne in die überhitzte Wohnungsstimmung, für die Kinder hat man auf dubiose Art im Darknet zum Schwarzmarktpreis eine Ampulle Hustensaft organisiert, für Oma gibt’s Klosterfrau Melissengeist und man hat im überfüllten Inflationsrewe schnell noch eine Lunge voll Corona für sie besorgt, wie die geölten Herrenmenschen in einer Scripted-Reality-Show von Leni Riefenstahl stehen die Deutschländer Würstchen knackig und stramm im Glas, die Kartoffeln liegen in der Küche und die dickste auf der Couch und gerade wenn man endlich die Kugeln baumeln lassen könnte, klingelt’s an der Tür und der muslimische Nachbarschaftsflüchtling bringt Apfel, Nuss und Mandelkern, überreicht selbstgebackene Butterplätzchen und lächelt „Ein fröhliches und ruhiges Weihnachsfest!“ ins Gesicht der adventsdurchtränkten Kernfamilie.
Im letzten Jahr noch saß der Kerl zur Winterszeit in ein löchriges Leintuch gehüllt zitternd in einem suleimanischen oder wie das heißt Keller und nachdem er gerade mal ein paar Monate in unserem lieb‘ Vaterland den geschenkten Wohlstand genießt, beherrscht er die Sprache besser als manch freiwählender Landwirt, schert sich mehr um Traditionen als manch eingeseichter Oktoberfestbesucher und hat sich ohne Hemmungen und dazu noch erfolgreich integriert. Die Sau! Integriert die sich einfach! Man würde ja gerne die Polizei rufen, um ihn standrechtlich abschieben zu lassen, aber da diese inzwischen von regenbogenbunten Linksextremen unterwandert wurde und es daher der faulen Last Gen Z gleichtut, erreicht man nach 16 Uhr niemanden mehr und an den Wochenenden schon gar nicht.
Die Feiertage sind im Arsch, noch ehe sie begonnen haben, und schuld daran ist wie immer der Ausländer.
Dabei hatte man sich doch so gefreut und so gut vorbereitet, man hat die stade Zeit genutzt, um sich den wirklich wichtigen Dingen zu widmen, also jenen, die uns verbinden, die uns zusammenbringen: Man warf den Obdachlosen und Bürgergeldempfänger*innen verfaulte Brosamen und dämlich grinsend Verhöhnungsscherze in den zerbeulten Hut („Oder heißt es Obdachlosinnen? Hahaha!“). Den Genderstern, kaum sichtbar für das nicht vor Wut gerötete rechte Auge, hat man ausgemerzt, denn den Weg zur Grippe findet man eigenverantwortlich und ohne mit jedem Schritt entmündigt zu werden. Man hat betont mitfühlend bittere Tränen wegen dem Niedergang unserer guten und schönen Sprache vergossen, auch wenn man hin und wieder „empathisch“ und „emphatisch“ verwechselt. Mit den Kindern hat man ein paar Lieder einstudiert, zwar sind „Lustig ist das Zigeunerleben“ und „Ich ging eines Tages die Donau entlang“ nicht originär weihnachtlich, keinesfalls zeitgemäß und erst recht nicht kindgerecht, aber man muss ein Zeichen setzen gegen woken Anstand und linksgrünen Respekt und sei es noch so trotzig dumpf. Den stets besoffenen Onkel hat man in diesem Jahr wieder zum Feste eingeladen, denn man hat eingesehen, dass seine Theorien über den jüdischen Bundeskanzler Olafarim Sholtz und dessen Plan, das Deutsche Volk durch künstlich intelligente Dönerspieße zu ersetzen, mehr Wahrheit enthalten als alle Berichte im Systemfunk über die Wirkung von Kohlenstoffdioxid auf den Klimawandel zusammen. Und natürlich hat man die älteste Tochter frühzeitig informiert, dass sie keinen Fuß über die Türschwelle des Hauses setzen dürfe, solange sie sich in ihrem klimawandlerischen Vegahnsinn dem Gänsebraten verweigern und mit dem E-Auto vorfahren würde. Und endlich die Tupperschüsseln samt Deckel wiederbrächte.
Es hätte so schön sein können, doch dann steht da plötzlich der Kopftuchnachbar und wünscht frohe Weihnachten. Ach, denk‘ ich an Deutschland in der Heiligen Nacht, möchte man stoßseufzen, aber leider ist man zu blöd oder ungebildet, um Gedichte und Geschichte zu kennen oder sie gar zu verstehen.
Ein solches Weihnachtsfest wünsche ich euch nicht, ich wünsche euch ein anderes. Ein ehrliches. Ein herzliches. Ein freundliches. Und dabei ist es scheißegal, was Weihnachten für mich oder euch bedeutet, ob Jesus nun Christus ist oder nicht, ob ihr die Wintersonnenwende feiert oder das schamanistische Samweisgamdschie oder die Ankunft des Großen Verdauers, ob ihr Würstchen mampft und Steaks paniert oder Jackfrüchte püriert und Kartoffeln stampft, ob ihr allein seid oder im Europa-Park Stadion, ob ihr „Tatsächlich… Liebe“ schaut oder „Sissi“ oder „Jetzt wird es schmutzig 3“ – scheißegal all das. Seid einfach gut zu euch und anderen. Nur nicht zu Faschisten, zu Faschisten seid bitte nicht gut. Seid gar nicht gut zu denen. Seid alles andere als gut zu Faschisten!
Ich wünsche euch einen Bachelor in Kucheninstallation und eine mit Käse überbackene Couch, denn alles ist besser, wenn man es mit Käse überbackt. Ich wünsche euch warme Füße, kalten Kaffee und laue Sommernächte. Ich wünsche euch Bier mit Honig, Tee mit Bienen und Ingwersaft mit Ginseng. Lacht, wenn ihr es nicht sollt, weint, wenn ihr es nicht wollt. Stöhnt lustvoll. Legt euch auf die faule Haut, arbeitet nicht zu viel, auch wenn gelbe und schwarze Politikheinis euch etwas anderes befehlen wollen. Scheißt auf Befehle und auch auf den größten Haufen. Kauft euch Spitzenunterwäsche, aber tragt im Winter die aus Wolle. Malt mit Buntstiften, verzichtet auf Bundfalten. Macht Witze im Kleid und findet es wunderbar, denn ihr dürft euch anziehen, wie ihr wollt, auch wenn manche sich das Maul zerreißen. Pfff, wer braucht die schon?
Was wir wirklich brauchen, ist ein offener Geist, kein offener Arsch. Lernt die Kommaregeln, und vergesst sie gleich wieder. Schreibt euch Briefe und Postkarten. Wenn ihr aber unbedingt WhatsApp nutzen wollt, dann sprüht eure Smartphones mit Parfüm ein, damit die Nachrichten besser riechen. Ich empfehle Lavendel oder Currywurst. Seid der Teil des Ganzen, ohne den nichts funktioniert. Seid euch dessen bewusst, aber prahlt nicht damit. Versucht demütig zu sein. Und dankbar. Seid manchmal der mächtig große Käse, pfeift manchmal kleinlaut aus dem letzten Loch. Geht verdammt nochmal zur Vorsorgeuntersuchung und nehmt eure Gyn-Termine wahr. Nein, keine Ausreden! Ich weiß, wir alle haben viel zu tun und wenn’s um eingequetschte Brüste und untenrum geht, ist’s nicht immer angenehm, aber es ist wichtig.
Findet eure Definition von Freiheit und vergleicht sie mit der von anderen. Fallt auf und in Pfützen. Berauschet euch! Macht es spannend und euch etwas lockerer. Fahrt – trotz allem – mit der Bahn, wenn ihr könnt. Fahrt Fahrrad, wenn ihr nicht in Berlin lebt, denn dort ist Radfahren lebensgefährlich. Gendert hemmungslos. Gründet einen Chor mit den maulbrütenden Buntbarschen aus dem Victoriasee. Schimpft und zetert.
Setzt einen Fuß vor den anderen. Wenn ihr nur ein Bein habt, dann seid mir bitte nicht böse, dass ich das geschrieben habe. Nicht alles ist ein Angriff, manches ist nur unbedacht – und daran können wir arbeiten. Wenn ihr zwei Beine habt, dann überlasst das Reden den Einbeinigen. (Das, liebe Freund*innen, war eine Metapher. Es gilt auch für andere Bevölkerungsgruppen. Wäre es nicht schön, wenn es mehr Talkshows geben würde, in denen keine weißen Männer über die Probleme von Frauen und POC sprechen, sondern Frauen über Frauen und POC über POC?)
Gleitet auf den Fliesen aus und prellt euch den Steiß, trinkt danach aber keinen Kaffee. Fällt nicht vorschnell Bäume oder Urteile. Stellt euch vor, ihr hättet Facettenaugen und könntet Farben riechen. Pinkelt im Sitzen. Ja, auch du, Friedrich Merz!
Fürchtet euch und freut euch, dass ihr euch fürchten könnt. Lernt jeden Tag etwas Neues. Und wenn ihr ein bisschen auf mich aufpasst, dann passe ich ein bisschen auf euch auf.
Wir müssen Wege finden, miteinander zu leben. Jeden Tag und jeden Tag wieder. Wir müssen Wege finden, mit unserer Traurigkeit und unserer Trauer umzugehen. Wir haben Menschen verloren und wir werden Menschen verlieren, es ist so und es wird immer so sein. Vielleicht ist dies euer letztes Weihnachtsfest, vielleicht ist es mein letztes Weihnachtsfest, vielleicht ist heute der letzte Tag auf Erden. Also halten wir uns nicht zurück. Sagen wir es einander. Ganz im Ernst: Sagt es einander. Über Facebook, Instagram, Threads, Bluesky und X (früher Twitter), über Briefe, Karten, Telefone, über Berge, Täler, Meere, Kontinente, über jede fucking Grenze hinweg. Sagt einander, dass ihr euch lieb habt.
Ich wünsche uns weit mehr als Glück.
Rock’n’Roll und pax nobiscum,
Björnbär